Ausstieg aus dem Franchisesystem / Trennung vom Franchisegeber

von Rechtsanwalt Dr. Ebert, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Erweist sich der Betrieb des Franchise-Outlets trotz aller Bemühungen des Franchisenehmers als Misserfolg oder besteht kein Interesse an dem dauerhaften Betrieb des Outlets, stellt sich die Fragen nach den Möglichkeiten, das Franchiseverhältnis mit dem Franchisegeber zu beenden. Soweit der Franchisevertrag hierfür eine angemessene Lösung (z.B. Kündigungsrechte, Anspruch auf Vertragsanpassung etc.) nicht enthält und auch eine Verständigung  mit dem Franchisegeber nicht erzielt oder nicht gesucht werden kann, stellt sich die Frage, ob das Franchiseverhältnis – auch ohne eine Regelung im Franchisevertrag – einseitig vom Franchisenehmer beendet werden kann.

Im  folgenden sollen einige Rechte von Franchisenehmern dargestellt werden, aus denen sich letztlich die Möglichkeit ergibt, den Franchisevertrag einseitig zu beenden.

1. Recht zum Widerruf des Franchisevertrages

Ein Recht zum (einseitigen) Widerruf des Franchisevertrages mit der Folge, dass dieser mit Ausübung des Widerrufs unmittelbar und sofort  rückabzuwickeln ist, kann sich vor allem aus zwei Gesichtspunkten ergeben:

a) Nach einer Entscheidung des Landgerichts Zwickau besteht dann ein Widerrufsrecht des Franchise­nehmers, wenn der Franchisegeber eine freiwillige Widerrufs­belehrung in den Franchisevertrag aufge­nommen hat (LG Zwickau, Urteil v. 25.02.2000 – 2 O 11/98)

Die Ausübung des Widerrufs kann in Textform (§ 126b BGB), also z.B. Brief, Fax oder email erfolgen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist von zwei Wochen genügt die rechtzeitige Absen­dung. Da der Franchisenehmer dies im Bestreitensfalls beweisen muss, sollte jedoch auf entsprechende Nachweismöglich­keit geachtet werden.

Bei einer postalischen Übermittlung sollte ein Einschreiben, besser noch ein Einschreiben mit Rückschein verwandt werden. Nach Ansicht des OLG Dresden (OLG Dresden, NJW-RR 2000, S. 354) kann ein auf dem Transport verloren gegangener Widerruf vom Verbraucher nachgeholt werden, wenn dieser ihn unverzüglich nach Kenntnis des fehlenden Zugangs nachholt.

Grundsätzlich erlischt das Widerrufsrecht erst, wenn der Franchisenehmer in Textform (Brief, Fax oder email) darüber belehrt worden ist, wem gegenüber, bis wann und auf welche Art und Weise er den Widerruf erklären kann, spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB erlischt jedoch das Widerrufsrecht nicht, wenn der Franchisenehmer nicht oder nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Fehlt es daher – was nach unseren Erfahrungen häufig der Fall ist, an einer ordnungsgemäßen Belehrung, ist ein Widerruf möglicherweise auch noch lange Zeit nach Vertragsabschluss möglich.

b) Ein Widerrufsrecht in dem unter a) beschriebenen Umfang kann sich auch aus dem gesetzlichen Verbraucherschutz ergeben.

Die Anwendung der allgemeinen Verbraucherschutzvorschriften zugunsten des Franchisenehmers hängt entscheidend davon ab, ob der existenzgründende Franchisenehmer bei Abschluss des Franchisevertrages als Verbraucher (§ 13 BGB) einzuordnen ist. Das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, NJW 2004, S. 3192, 3193) und nun auch der Bundesgerichtshof ( BGH, NJW 2005, S. 1273, 1274)  in seiner Entscheidung vom 24.02.2005 haben nun aber aber bestätigt, dass auch der existenzgründende Franchisenehmer beim Abschluss des Franchisevertrages nicht mehr als Verbraucher, sondern als Unternehmer (§ 14 BGB) handelt, da der Abschluss des Vertrages der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit diene und der Existenzgründer sich damit in den unternehme­rischen Geschäftsverkehr begebe. Für die Praxis ist die Frage der (fehlenden) Verbrauchereigenschaft des Franchisenehmers damit geklärt sein.

Allerdings ist damit ein Widerrufsrecht des Franchisenehmers noch nicht gänzlich „vom Tisch“:

Bei Verträgen, die die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen zum Gegenstand haben, steht einem Verbraucher gemäß §§ 505 Abs. 1 Nr. 3, 355 BGB grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.

Für die Definition des Verbrauchers ist im Rahmen des § 505 BGB  § 507 BGB zu beachten, der aus­drücklich be­stimmt, dass dieses Widerrufsrecht auch für natürliche Personen gilt, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen oder zu diesem Zweck einen Ratenliefe­rungsvertrag schließen, es sei denn, der Nettodar­lehensbetrag oder Barzahlungspreis übersteigt € 50.000,00. Bei Ratenlieferungsverträgen ist der Gesamtbetrag aller Teilzahlungen maßgeblich. Die Anwendung dieser auf Darlehen und klassische Ratenlieferungsverträge zugeschnittenen Vorschrift auf Franchiseverträge ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht hinreichend geklärt. Insbesondere steht beim Franchising mit seiner regelmäßig „offenen Bezugsverpflichtung“ zum Zeitpunkt des Ab­schlusses der Umfang der Gesamtverpflichtung des Franchisenehmers gerade nicht fest. Hält man § 507 BGB unein­geschränkt für anwendbar, wird zur Ermittlung der Gesamtbelastung des Franchisenehmers nach unserer Auffassung eine Verpflichtungsprognose zum Zeitpunkt des Vertragsschluss bis zur frühest möglichen ordentlichen Beendigung des Vertrages maßgeblich sein. Aufgrund der Schutzbedürftigkeit des Franchisenehmers bei Vertragsaufnahme sollte unserer Auffassung nach je­doch jedem existenzgründenden Franchisenehmer regelmäßig auch ein 14-tägiges Wider­rufsrecht nach Ab­schluss des Franchisevertrages zustehen. § 507 BGB sollte nach entsprechender teleologischer Reduktion nur Ge­schäfts­gründungen mit großen Bezugsverpflichtungen vom Widerrufsrecht ausnehmen, die von Kapital- oder Han­delsge­sellschaften vorgenommen werden.

Eine Bezugsverpflichtung für Franchisenehmer ist dabei nach Ansicht des LG Frankfurt (LG Frankfurt a.M., Urteil v. 08.04.1997 – 2/18 O 115/96 -, n. v.) bereits dann anzunehmen, wenn nur eine faktische bzw. mittelbare Bezugsverpflichtung des Franchisenehmersbesteht, was das Gericht darin sah, dass der Franchisenehmer nur Waren beim Franchisegeber zu beziehen hatte. Der bloße Bezug der Erstausstattung führt dagegen aber nach herr­schender Meinung noch nicht zu einer Bezugsverpflichtung im Sinne des § 505 BGB, es sei denn, auch diese ist in Teilleistungen zu liefern. Das Widerrufs­recht besteht auch nicht bei Bagatell-Bezugs­bindungen, wenn bis zum erstmöglichen Kündigungszeit­punkt nicht mehr als € 200 zu zahlen sind, §§ 505 Abs. 1 S. 2, 3, 491 Abs. 2, 3 BGB.

2. Aufhebung des Franchisevertrages im Wege des Schadensersatzes bei Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen durch den Franchisegeber

Franchisenehmer können vom Franchisegeber unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten die  Aufhebung des Franchisevertrages verlangen, wenn dieser den Franchisenehmer nicht vor Vertragsabschluß vollständig und wahr über die Rentabilitätsaussichten aufgeklärt hat. Zu den vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchisegebers gehört grundsätzlich die Erstellung einer seriösen Rentabilitätskalkulation und eine auf das jeweilige Franchisenehmergeschäft bezogene Standortanalyse.

Voraussetzung dafür ist aber das Bestehen eines Schadens, der durch die Gegenüberstellung aller Ausgaben und Einnahmen im Franchisebetrieb ermittelt wird.

3. Kündigung aus wichtigem Grund

Verletzt der Franchisegeber seine ihm obliegenden Verpflichtungen in einem gravierenden Maße, ist der Franchisenehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Eine Kündigung kommt u.a. bei der Verletzung von Gebietsschutzvereinbarungen oder sonstigen Hauptleistungspflichten des Franchisegebers in Betracht. Ansprüche aus anderen Gründen, insbesondere der Verletzung vorvertraglicher Pflichtverletzungen bleiben davon unberührt.

4. Nichtigkeit des Franchisevertrages bei Scheinselbständigkeit

Bei übermäßigen Eingriffen in die Selbständigkeit des Franchisenehmers sollte überprüft werden, ob nicht nach den Kriterien der Rechtssprechung („Eismann“) eine arbeitnehmerähnliche Stellung des Franchisenehmers gegeben ist. Gelingt die „Flucht in das Arbeitsrecht“, kann grundsätzlich die Rückabwicklung der Franchievertrages verlangt werden, da die für den Franchisenehmer nachteiligen Regelungen des Franchisevertrages gegenüber Arbeitnehmern oder arbeitnehmerähnlichen Personen unwirksam sind.

Kommentare sind geschlossen.