Franchising gehört unstreitig zu den erfolgreichsten modernen Vertriebsformen. Kaum eine Branche verschließt sich den Vorteilen dieses Vertriebskonzeptes, das dem Franchisegeber eine lukrative und kostengünstige Ausweitung des Vertriebs seiner Waren oder Dienstleistungen ermöglicht, indem die Investitionskosten und das Risiko der Wirtschaftlichkeit neuer Betriebe komplett auf den Franchisenehmer übergewälzt werden. Für den Franchisenehmer bedeutet Franchising der Rückgriff auf ein bereits erprobtes und erfolgreiches Unternehmenskonzept des Franchisegebers, das die Erfolgsaussichten seiner Unternehmensgründung in der Regel deutlich erhöht.
Der Franchisevertrag
In Ermangelung spezialgesetzlicher Regelungen werden die Rechte und Pflichten der Parteien des Franchisevertrages entscheidend durch die Regelungen des jeweiligen Franchisevertrages bestimmt. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der Franchisenehmer eine lizenzierte Geschäftsidee des Franchisegebers im eigenen Namen und auf eigenes Risiko für einen meist befristeten Zeitraum umsetzt, unter Verwendung der vom Franchisegeber bereitgestellten Gegebenheiten und Rechte (BGH, BB 1999, 860, 862). Der Inhalt des Franchisevertrages kann grundsätzlich zwischen den Parteien frei ausgehandelt werden. In der Praxis wird der Vertrag jedoch einseitig vom Franchisegeber gestellt, wodurch das Risiko eines Missbrauches der einseitigen Gestaltungsmacht der Franchisegeber bei der Vertragsabfassung besteht.
Mindestinhalt des Franchisevertrages
Zum Mindestinhalt eines jeden Franchisevertrages gehört das Recht des Franchisenehmers, den gemeinsamen Namen, Marken, Zeichen des jeweiligen Systems zu verwenden. Der Franchisegeber ist seinerseits verpflichtet, das spezielle Know-how, auf dem der Erfolg des Systems beruht, dem Franchisenehmer verfügbar zu machen und ihm während der Laufzeit der Vereinbarung die erforderliche kommerzielle und technische Unterstützung zu gewähren. Im Gegenzug verpflichtet sich der Franchisenehmer, hierfür eine Vergütung in Form von Eintrittsgebühren und/oder laufenden, meist am Umsatz orientierten Franchisegebühren zu zahlen.
Rechtsnatur und anwendbares Recht
Die genaue Rechtsnatur des Franchisevertrages ist nach wie vor umstritten, wobei die praktischen Auswirkungen dieses Streites allerdings eher gering sind. Nach vorherrschender Auffassung handelt es sich um einen Mischvertrag, der Elemente des Kaufvertrages (§ 433 BGB), des Pachtvertrages (§ 581 BGB) und des Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB) vereinigt. Da im Rahmen des Franchisevertrages für beide Vertragsparteien während der Laufzeit des Vertrages ständig neue Leistungs-, Neben- und Schutzpflichten entstehen, handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Zugleich ist der Franchisevertrag ein Rahmenvertrag, da er meist Regelungen für zusätzliche Rechtsgeschäfte (z. B. Lieferverträge, Mietverträge oder Lieferverträge) enthält, die der Verwirklichung des Vertragszwecks dienen.
Soweit Franchiseverträge eine Bezugsverpflichtung des Franchisenehmers enthalten und der Franchisenehmer Existenzgründer im Sinne des § 512 BGB ist, unterliegen die Franchiseverträge der Vorschrift des § 510 BGB und bedürfen der (strengen) Schriftform gemäß § 510 Abs. 2 S. 1 BGB. Eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis des § 505 Abs. 2 S. 1 BGB besteht jedoch dann, wenn dem Franchisenehmer die Möglichkeit verschafft wird, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.
Das kartellrechtliche Schriftformerfordernis aus § 34 GWB a. F. ist dagegen seit dem 01.01.1999 aufgrund der Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) seit diesem Stichtag für neu abgeschlossene Franchiseverträge entfallen.
Auf europarechtlicher Ebene sind – anders als im nationalen Recht – konkrete Regelungen zum Franchising zu beachten. Bis zum 31.12.1999 galt insoweit die EU-Gruppenfreistellungsvorordnung für Franchisevereinbarungen, welche bis dahin die Freistellung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen in Franchiseverträgen vom Kartellverbot des Art. 81 Abs. 1 EG regelte. Die bisherige Verordnung ist nunmehr durch die branchenunabhängige EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen ersetzt worden, die auch einer gewissen Vertragskontrolle (z.B. durch das Verbot sog. schwarzer Klauseln) dient. [3] Aufgrund vielfältiger Ausnahmeregelungen fallen jedoch die wenigsten Franchisesysteme unter den Anwendungsbereich dieser Regelungen. Entsprechend gering sind die praktischen Auswirkungen des europäischen Franchiserechtes auf das Franchising in Deutschland.
Konflikte zwischen den Vertragsparteien
Eine Durchsicht der Rechtsprechung zum Franchiserecht belegt, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Franchisevertrages durchaus streitbehaftet ist. Regelmäßig ist die fehlende Rentabilität des Betriebes oder „Outlets“ des Franchisenehmers der Auslöser für solche Streitigkeiten. Die Gerichte haben sich aber auch damit zu befassen, wie weit der Franchisegeber im Interesse des einheitlichen Auftretens am Markt, dem systemtypischen „Corporate Identity“, in die Autonomie seiner Franchisenehmer eingreifen darf, welche kartellrechtlichen Grenzen seiner Preispolitik gesetzt sind und welche Vertragsverstöße eine vorzeitige Kündigung des Franchisevertrages rechtfertigen.
Gestaltungsmissbräuche in Franchiseverträgen
Im Rahmen einer gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherschutz e.V. durchgeführten Untersuchung von 50 Verträgen verschiedener Franchisesysteme hat sich gezeigt, dass die meisten Franchisegeber mehr oder weniger ähnliche Regelwerke verwenden. Sie sind fast ohne Ausnahme durch den Versuch gekennzeichnet, das Rentabilitätsrisiko vollständig auf den Franchisenehmer abzuwälzen. In Verbindung mit den Handbüchern und Richtlinien enthalten die gängigen Vertragsmuster nicht selten eine übermäßige Reglementierung des Franchisenehmers, die ihren Status als selbstständige Unternehmer in Frage stellt. Ferner finden sich in den Regelwerken eine Vielzahl unangemessener Benachteiligungen der Franchisenehmer, wie z.B. überzogene Vertragsstrafen- und Haftungsregelungen. Das regelmäßige Fehlen einer Berechtigung zur Fortsetzung oder Veräußerung der Franchise nach Ablauf des vereinbarten Zeitraumes trifft schließlich den „erfolgreichen“ Franchisenehmer hart, der seinen mit viel Mühe aufgebauten Standort bei Vertragsende dem Franchisegeber zur weiteren Verwertung meist entschädigungslos überlassen soll.
Rechtsprechung zum Schutz der Franchisenehmer
Trotz des Fehlens einer speziellen gesetzlichen Regelung des Franchising ist der Franchisenehmer aber seinem Vertragspartner keineswegs schutzlos ausgeliefert. Die Rechtsprechung hat durch ihre Entscheidungen auf dem Gebiet des Franchiserechtes in wesentlichen Bereichen die Rechtsposition des Franchisenehmers „vertragsfest“ gesichert, wodurch sich etwaige rechtliche Benachteiligungen im Franchisevertrages relativieren.
Bedeutsam sind insbesondere die nachfolgenden Kernpunkte der Rechtsprechung zum Schutz der Franchisenehmer:
Aufklärungspflichten des Franchisegebers
Der Franchisegeber ist verpflichtet, den von ihm geworbenen Franchisenehmer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben über die Rentabilität des Systems richtig und vollständig zu unterrichten. Im Falle der Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten hat der Franchisegeber dem Franchisenehmer Schadensersatz zu zahlen.
Schutz vor übermäßigen Eingriffen in die Autonomie des Franchisenehmers
Bei übermäßigen Eingriffen in die rechtliche und wirtschaftliche Freiheit des Franchisenehmers werden diese von der Rechtssprechung als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen angesehen, mit der Folge, dass der Franchisevertrag keinen Bestand hat.
Schadensersatzpflicht bei missbräuchlicher Preispolitik
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil zum „Sixt-Vertriebssystem“ bestätigt, dass der Franchisegeber verpflichtet ist, den Franchisenehmern den Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die wirtschaftliche Bindung an Preise, Rabatte und Bedingungen des Franchisegeber entsteht.
Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften des BGB auf Franchiseverträge
Die Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zugunsten des Franchisenehmers hängt grundsätzlich davon ab, ob der existenzgründende Franchisenehmer bei Abschluss des Franchisevertrags als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen ist. Dies ist nach dem klarstellenden Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24.02.2005 nicht der Fall. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs handelt auch der existenzgründende Franchisenehmer beim Abschluss des Franchisevertrages als Unternehmer, § 14 BGB, und nicht als Verbraucher, § 13 BGB, da der Abschluss des Vertrages der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit diene und der Existenzgründer sich damit in den unternehmerischen Geschäftsverkehr begebe.
Allerdings können die Verbraucherschutzvorschriften jedoch gemäß § 512 BGB auch auf Existenzgründer Anwendung finden, wenn es sich bei dem Existenzgründer um eine natürliche Person handelt, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit gewähren lässt oder zu diesem Zweck einen Ratenlieferungsvertrag schließt, es sei denn, der Nettodarlehensbetrag oder Barzahlungspreis übersteigt 75.000 Euro.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings nicht hinreichend geklärt, ob diese auf Darlehen und klassische Ratenlieferungsverträge zugeschnittene Vorschrift auch auf Franchiseverträge anwendbar ist. Nach einer Ansicht sollen die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491 bis 512 BGB generell auf Franchiseverträge Anwendung finden. Dagegen sieht eine andere Meinung den in § 512 BGB geregelten Ausschluss („…,es sei denn) auch für Franchiseverträge maßgeblich. Entscheidend sei daher die Ermittlung der Gesamtbelastung des Franchisenehmers bei Vertragsschluss, die durch eine Verpflichtungsprognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zur frühestmöglichen ordentlichen Beendigung des Vertrages ermittelt werde.
Wenn ein Franchisenehmer Existenzgründer im Sinne von § 512 BGB ist und der Franchisevertrag – wie in der Regel üblich – eine Bezugsbindung enthält, die den Franchisenehmer zum wiederkehrenden Bezug von Waren im Sinne von § 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB verpflichtet, so steht dem Franchisenehmer nach §§ 510 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 355 BGB ein Widerrufsrecht zu. Hierdurch kann sich im Einzelfall ein Anspruch auf Rückabwicklung des Franchisevertrages eröffnen.
Unverzichtbar: Prüfung des Franchisevertrages vor Abschluss
Auf eine sorgfältige rechtliche Prüfung des vom Franchisegebers vorgeschlagenen Franchisevertrages vor Vertragsabschluß sollte jedoch im Hinblick auf den meist erheblichen persönlichen und finanziellen Einsatz des Franchisenehmers auf keinen Fall verzichtet werden.