BGH, Beschluss vom 04.11.1998 – VIII ZB 12/98 (-Eismann II-)

Leitsatz:

Zum Rechtsweg für Klagen des Franchisegebers gegen einen arbeitnehmerähnlichen Franchisenehmer.

Sachverhalt:

Der Beklagte war auf der Grundlage eines ,,Partnerschaftsvertrags (PV) für die Klägerin als Franchisenehmer tätig. Nach dem Vertrag hatte er in einem räumlich abgegrenzten Verkaufsgebiet mit einem von der Klägerin gemieteten Verkaufsfahrzeug Tiefkühlprodukte zu vertreiben, die er von der Klägerin bezog. Nach einvernehmlicher Vertragsaufhebung hat die Klägerin den Beklagten vor dem LG auf Zahlung restlicher Beträge in Anspruch genommen. LG und OLG (Düsseldorf, Beschluss vom 18.3.1998, DB 1998 5. 2262) haben den beschrittenen Rechtsweg für zulässig befunden. Die zugelassene weitere sofortige Beschwerde führte zur Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige ArbG.

Aus den Gründen:

1. …ll.2. Der Beklagte ist jedenfalls als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen. Eine nähere Klärung ist für die Zuständigkeitsfrage wegen der insoweit zulässigen Wahlfeststellung nicht erforderlich.

a) Nach der an § 12 a Abs. 1 TVG angelehnten ständigen Rechtsprechung des BAG, der sich der erkennende Senat anschließt, unterscheiden sich die arbeitnehmerähnlichen Personen von den Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, wobei vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Arbeitnehmerähnliche Personen sind wegen ihrer fehlenden Eingliederung in eine betriebliche Organisation und im wesentlichen freier Zeitbestimmung nicht im gleichen Maß persönlich abhängig wie Arbeitnehmer; an die Steile der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Ferner muss der wirtschaftlich Abhängige auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein.

b) Diese Voraussetzungen sind hier entgegen der Annahme des OLG – wie in dem vom BAG für einen anderen Franchisenehmer der Klägerin entschiedenen Fall – nach der rechtlichen Ausgestaltung des Partnerschaftsvertrags der Parteien und den von ihnen vorgetragenen wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten erfüllt.

aa) Für die wirtschaftliche Abhängigkeit des Beklagten spricht der Umstand, dass er neben dem Verdienst aus der Tätigkeit für die Klägerin über keine anderweitigen Einkünfte verfügte. Die Einkünfte aus der Tätigkeit für die Klägerin stellten mithin seine alleinige Existenzgrundlage dar. Der Beklagte, der danach für den Erwerb seines Lebensunterhalts allein auf seine Arbeitskraft angewiesen war, setzte diese voll und ganz für die Klägerin ein. Davon abgesehen schloss § 19 PV, wonach sonstige Verkaufstätigkeiten oder Auslieferungen des Beklagten an Kunden der Klägerin während der Laufzeit des Vertrags der ausdrücklichen Genehmigung der Klägerin bedurften, zwar eine weitere Erwerbstätigkeit des Beklagten nicht völlig aus. Eine solche war ihm jedoch nach der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses praktisch weder während noch außerhalb seiner Tätigkeit für die Klägerin in nennenswertem Umfang möglich.

Die Verkaufstätigkeit des Beklagten für die Klägerin war schon dem Vertrag nach darauf angelegt, seine Arbeitszeit vollständig in Anspruch zu nehmen. (wird ausgeführt)… sich unter Berücksichtigung einer angemessenen Alters- und Krankheitsvorsorge ein Einkommen im unteren Bereich, das zu dem erforderlichen Zeitaufwand und dem gebotenen persönlichen Einsatz des Beklagten in keinem vernünftigen Verhältnis steht. Dass die Umsätze und Gewinne noch in gewissem Umfang steigerungsfähig waren, ist nicht
vorgetragen. Selbst dann würde sich im Ergebnis jedoch nichts ändern. Der Beklagte hatte in jedem Fall nach Abzug von Steuern, privaten Versicherungen sowie Alters- und Krankheitsvorsorge gegenüber einem angestellten Verkaufsfahrer trotz größerem Zeitaufwand und höherem persönlichen Einsatz kaum bessere Verdienstmöglichkeiten, musste jedoch das volle wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit tragen. Danach eröffnete ihm die Tätigkeit für die Klägerin keine unternehmerischen Erwerbschancen, die ihn von einem Arbeitnehmer unterscheiden könnten.

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