Aufklärungspflichten des Franchisegebers

Ein Franchisenehmer muss zum Aufbau eines von ihm selbständig zu betreibenden Franchise-Outlets regelmäßig erhebliche wirtschaftliche, teilweise existentielle, Aufwendungen tätigen. Für den Franchisenehmer ist es daher von grundlegender Bedeutung, dass das ausgewählte Franchisesystem wirtschaftlich erfolgreich ist und es ihm ermöglicht, im Rahmen eines angemessenen persönlichen und finanziellen Einsatzes ein wirtschaftlich rentables Unternehmen aufzubauen. Der Franchise-Interessent kann den wirtschaftlichen Erfolg des von ihm in Aussicht genommenen Franchisesystems in der Regel jedoch nicht selbst beurteilen. Die im System bereits tätigen Franchisenehmer stehen ihm als Informationsquelle nur eingeschränkt zur Verfügung, da sie regelmäßig einer durch Vertragsstrafen bewehrten Schweigepflicht unterliegen und im Übrigen nur Erfolg oder Misserfolg ihres eigenen Franchise-Outlets kennen, das gesamte System jedoch ebenfalls kaum beurteilen können. Letztlich verfügt nur der Franchisegeber über die zur Beurteilung der Rentabilität des Systems erforderlichen Informationen, da er allein dieses nach Art, Umfang und Know-How kennt. Aus diesem Grund hat die Rechtssprechung dem Franchisegeber weitreichende vorvertragliche Aufklärungspflichten auferlegt. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist der Franchisegeber verpflichtet, den Franchisenehmer vor Abschluss des Franchisevertrages über diejenigen Umstände aufzuklären, die für die Entschließung des Franchisenehmers von wesentlicher Bedeutung sind.

Selbstverständlich ist dabei, dass der Franchisegeber den Franchisenehmer nicht täuschen und durch wahrheitswidrige Behauptungen zum Abschluss eines Franchisevertrages verleiten darf. Erteilt der Franchisegeber dem Franchisenehmer Informationen über das Franchisesystem, so müssen diese gewissenhaft und verantwortungsbewusst erstellt und zutreffend sein.

Ein Franchisegeber kann jedoch seine Aufklärungspflichten auch durch bloßes Schweigen verletzen, wenn er dem Franchisenehmer solche Informationen vorenthält, die er ihm vor Abschluss des Vertrages ungefragt hätte mitteilen müssen. Der Umfang der vom Franchisegeber ungefragt zu erteilenden Informationen hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Franchisenehmers ab. Je geschäftlich unerfahrener der betroffene Franchisenehmer ist, desto höher sind die Aufklärungspflichten des Franchisegebers anzusetzen. Ist der Franchisenehmer dagegen bereits selbständig unternehmerisch tätig gewesen und verfügt er gegebenenfalls sogar über Kenntnisse in der Branche des Franchisesystems, kann die Schutzwürdigkeit des Franchisenehmers sogar ganz entfallen. Bei der Bestimmung des Umfangs der Aufklärungspflichten des Franchisegebers darf auch die Stellung des Franchisenehmers nicht außer Acht gelassen werden. Der Franchisenehmer ist ein selbständiger Unternehmer und hat dementsprechend ein eigenes unternehmerisches Risiko zu tragen. Der Franchisegeber muss daher keine Garantie für die Rentabilität des Outlets des Franchisenehmers übernehmen. Er ist aber verpflichtet, dem Franchisenehmer diejenigen Informationen zu erteilen, die der Franchisenehmer benötigt, um die Rentabilität seines geplanten Outlets berechnen zu können. Ob der Franchisegeber über diese Aufklärungspflichten hinaus verpflichtet ist, für den Franchisenehmer die Rentabilitätsberechnung vorzunehmen, ist hingegen umstritten.

Ebenfalls strittig ist in der Rechtsprechung, ob der Franchisegeber im Rahmen seiner Aufklärungspflichten die Erstellung einer Standortanalyse – ein entscheidendes Kriterium bei der Beurteilung der Rentabilität des geplanten Outlets – schuldet. Ungeklärt ist auch der Umfang der von Franchisegebern geschuldeten Aufklärungspflichten, wenn das Franchisesystem gerade erst im Aufbau ist. Hier wird der Franchisegeber zumindest verpflichtet sein, ungefragt darauf hinzuweisen, dass sich sein Franchisesystem noch in der Einführungsphase befindet.

Nachdem sich die Gerichte vor allem Mitte der 90er Jahre intensiv mit dem Umfang vorvertraglicher Aufklärungspflichten der Franchisegeber beschäftigten, scheint die Rechtsprechung in jüngerer Zeit die Stellung des Franchisenehmers als selbständigem Unternehmer zu betonen. In einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 24.02.2005, die allerdings die Frage der Anwendbarkeit der Verbraucherschutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches betraf, hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass bereits der existenzgründende Franchisenehmer beim Abschluss des Franchisevertrages als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB handelt, da der Abschluss des Vertrages der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit diene und der Existenzgründer sich damit in den unternehmerischen Geschäftsverkehr begebe. Es bestünde kein Anlass, demjenigen Verbraucher­schutz zu gewähren, der sich für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit entschieden habe und dafür vorbereitende oder unmittelbar eröffnende Geschäfte abschließe.

Abzuwarten bleibt, welche Konsequenzen die Rechtsprechung aus dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs für die vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchisegebers ziehen wird. Noch fehlen hier erste Reaktionen der Instanzgerichte, so dass es für eine abschließende Bewertung zu früh ist; jedoch ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung die Anforderungen an die vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchisegebers senken wird.

Ungeklärt ist auch der Zeitpunkt, an dem die Aufklärungspflichten des Franchisegebers einsetzen. Auf der einen Seite besteht das berechtigte Interesse des Franchisegebers, zur Aufklärung nicht bereits ab dem ersten Kontakt zu einem – eventuell nicht ernsthaft an einem Einstieg in das Franchisesystem – Interessierten verpflichtet zu sein. Andererseits muss ein zukünftiger Franchisenehmer in die Lage versetzt werden, die ihm übergebenen Unterlagen vor Abschluss des Franchisevertrages prüfen zu können. Diese widerstreitenden Interessen sind in Ausgleich zu bringen. Zutreffend dürfte daher sein, die Pflicht des Franchisegebers zur Übergabe der von ihm zu erteilenden Informationen mit Eintritt in ein konkretes vorvertragliches Stadium in einem angemessenen Zeitraum vor Vertragsunterzeichnung einsetzen zu lassen.

Verletzt der Franchisegeber die ihm obliegenden Aufklärungspflichten, so haftet er dem Franchisenehmer für einen darauf entstehenden Schaden nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss, §§ 311, 280 BGB. In diesem Fall kann der Franchisenehmer seine im Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rentabilitätsangaben des Franchisegebers für den Franchisebetrieb getätigten Ausgaben unter Abzug der erhaltenen Einnahmen und Vorteile ersetzt verlangen. Der geschädigte Franchisenehmer kann nach seiner Wahl gemäß §§ 311, 280, 249 Abs. 1 BGB auch die Aufhebung und Rückgängigmachung des Franchisevertrages verlangen.

Sofern der Franchisegeber ihn durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Franchisevertrages bewegt hat, kann der Franchisenehmer den Vertrag gemäß § 123 BGB anfechten. Von seiner Aufklärungspflicht kann sich der Franchisegeber nicht freizeichnen. Ferner trägt er im Regelfall im Prozess die Beweislast für die Richtigkeit seiner vor Vertragsschluss gemachten Angaben. Zudem muss er darlegen und beweisen, dass der Franchisenehmer den Vertrag auch dann abgeschlossen hätte, wenn er wahrheitsgemäß informiert worden wäre, und dass der Schaden in Gestalt der nachfolgenden Aufwendungen auch in diesem Fall eingetreten wäre.

Eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs des Franchisenehmers wegen Mitverschuldens kommt, wenn der Franchisenehmer auf die falschen vorvertraglichen Angaben des Franchisegebers vertraut hat, regelmäßig nicht in Betracht.

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