I. Sachverhalt
1. Die Verfügungsklägerin (Klägerin) ist ein Automobilzulieferer und beliefert die Verfügungsbeklagten (Beklagten) seit 1996 mit Hintersitzlehnen. Die Verfügungsbeklagten sind einer der größten Autohersteller der Welt sowie ihre Töchter.
2. Die Beklagten veranstalteten einen Konzeptwettbewerb mit dem Ziel Hintersitzlehnen zu entwickeln, die baugleich als Modell für möglichst viele Fahrzeugmodelle des Konzerns verwendbar sein sollten. Dem Teilnehmer mit dem besten Konzept wurde eine Lieferquote von bis zu 100% und einem Auftragsvolumen in der Größenordnung von bis zu 2,2 Mio Stück pro Jahr im Rahmen einer Serienvergabe in Aussicht gestellt. Die Klägerin setzte sich im Rahmen des Wettbewerbs gegenüber ihren Mitbewerbern durch. Im Gegenzug für die Offenlegung der Ergebnisse aus dem Wettbewerb schlossen die Beklagten und die Klägerin mehrere Lieferverträge.
3. Im Frühjahr 2018 kündigten sämtliche Beklagten die Lieferverträge zunächst ordentlich, anschließend außerordentlich. Aus Sicht der Klägerin war die Kündigung allein Folge einer medialen Auseinandersetzung zwischen den Beklagten und der Muttergesellschaft der Klägerin.
4. Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens beantragte die Klägerin darauf hin, es den Beklagten bis zum Ablauf der ordentlichen Laufzeit des Vertrages mit der Klägerin zu untersagen, Hintersitzlehnen bei anderen Herstellern abzurufen oder zu bestellen.
II. Entscheidungsgründe
1. Das LG Dortmund hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung teilweise aus hier nicht weiter relevanten Umständen als unzulässig und im Übrigen in Ermangelung eines Verfügungsgrundes als unbegründet zurückgewiesen.
2. Ein Verfügungsgrund besteht, wenn Grund zur Sorge besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint (besondere Eildürftigkeit). Grundsätzlich darf es daher im einstweiligen Verfügungsverfahren noch nicht zu einer Befriedigung des Gläubigers, sondern nur zu einer einstweiligen Sicherung eines Rechtszustandes kommen. Nur in krassen Ausnahmefällen (z. B. Existenzgefahr) lässt die Rechtsprechung jedoch eine sog. Leistungs- oder Befriedigungsverfügung zu, deren Inhalt auf die (vollständige oder teilweise) Befriedigung des Verfügungsanspruchs, also des zu sichernden Anspruchs des Verfügungsklägers, gerichtet ist.
3. Nach Auffassung des LG Dortmund ging es der Klägerin um eine solche Leistungs- oder Befriedigungsverfügung, weil das Begehren der Klägerin einer vollständigen Vertragsdurchführung gleichkomme. Jedoch lagen nach Auffassung des LG Dortmund die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls nicht vor.
Die Klägerin habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie derart dringend auf die sofortige Erfüllung ihres Leistungsanspruchs angewiesen sei und andernfalls existenzgefährdende Nachteile erleide, dass ihr eine spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in einem Hauptsacheverfahren nicht zumutbar sei. Zudem habe die Klägerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Beklagten tatsächlich schon Vertragsvolumina abgezogen hätten und bereits Waren von Drittanbietern beziehen würden.
III. Fazit
Das LG Dortmund hat noch einmal die hohen Hürden einer Leistungsverfügung im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt, die auch im Franchiserecht für die Durchsetzung des Lieferanspruches gelten. Nur bei einer konkreten Existenzgefahr oder sonstigen besonderen unbilligen Härten für den Vertriebspartners ist die ausnahmsweise Durchsetzung des Lieferanspruches im einstweiligen Verfügungsverfahren möglich.