OLG Hamburg: Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen des Franchisegebers – Tom Tailor

In seinem Urteil vom 28.07.2014 hat das OLG Hamburg (Az. 4 U 10 / 14) eine Schadensersatzpflicht des Franchisegebers wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten bejaht.

I. Sachverhalt

Der klagende Franchisenehmer betrieb einen Franchisestore im Tom Taylor Franchisesystem (Bekleidungsgeschäft). Vor Abschluss des Franchisevertrages waren ihm sog. „Investment Proposals“ überreicht worden, in denen auf die Erfahrungswerte von anderen Tom Taylor Stores verwiesen worden war und ein Umsatz von € 3.000,00 pro Quadratmeter Verkaufsfläche sowie eine jährliche Steigerungsrate des Umsatzes von fünf Prozent in den ersten fünf Jahren prognostiziert worden waren.

Die beklagte Franchisegeberin hatte im gerichtlichen Verfahren behauptet, dass die prognostizierten Umsatzzahlen von € 3.000,00 pro Quadratmeter Verkaufsfläche erst auf Betreiben des Franchisenehmers derart hoch angesetzt worden seien und vorher € 1.900,00 pro Quadratmeter Verkaufsfläche betrugen hätten.

Die Vernehmung des ehemaligen Expansionsmanagers der Franchisegeberin im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme ergab, dass die Franchisegeberin mit den von ihr übergebenen Zahlen beim Franchisenehmer eine gewisse Euphorie erwecken wollte und die Zahlen lediglich auf Annahmen, Hoffnungen und Prognosen beruhten. Der Zeuge sagte weiterhin aus, dass den Zahlen auch eigene Erfahrungswerte der Franchisegeberin, als auch Mittelwerte von Franchisestores zugrunde gelegt worden seien. Näher substantiierte die Franchisegeberin die Aussagen jedoch nicht. Erst in einem Schriftsatz, der wegen Verspätung zurückgewiesen wurde, hatte die Franchisegeberin zu Umsatzzahlen einzelner ihrer Franchisenehmer vorgetragen. Vergleichbare Franchisebetriebe, die schon fünf Jahre existierten, waren zudem bei Abschluss des Franchisevertrages gar nicht vorhanden.

Der Kläger berief sich darauf, dass er aufgrund der ihm überreichten Umsatzzahlen / Prognosen überhaupt erst den Franchisevertrag abgeschlossen habe und bei Kenntnis der tatsächlichen Zahlen niemals unterschrieben hätte.

Der Kläger blieb von Beginn an weit hinter den von der Beklagten prognostizierten Umsatzzahlen zurück und kündigte, nachdem die erzielten Umsätze nicht einmal zur Deckung der laufenden Kosten ausreichten, den Franchisevertrag außerordentlich. In der ersten Instanz wurde die Beklagte zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von € 156.450,17 nebst Zinsen verurteilt. Die Beklagte legte gegen diese Entscheidung Berufung vor dem OLG Hamburg ein.

II. Entscheidungsgründe

Das OLG Hamburg bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und die Schadenersatzpflicht der Franchisegeberin.

Die Franchisegeberin hafte für die Richtigkeit der von ihr ausgegebenen Prognoseumsatzzahlen immer dann, wenn diese auf keiner nachvollziehbaren, realistischen Grundlage beruhten. Dies war hier nach dem OLG Hamburg der Fall. Da die in den Investment Proposals enthaltenen Angaben der Franchisegeberin über die Umsatzzahlen Grundlage für die Entscheidung des Franchisenehmers waren, einen Franchisestore zu eröffnen, sei die Franchisegeberin dem Franchisenehmer auch zum Ersatz des erlittenen Vertrauensschadens verpflichtet, §§ 280, 311 BGB.

III. Fazit

Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigt das OLG Hamburg abermals die vor allem von den Oberlandesgerichten entwickelten Anforderungen an die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Franchisegebers gegenüber seinem Franchisenehmer und bestätigte damit auch die Entscheidungen des OLG Hamm vom 22.12.2011 (ZVertriebsR 2012, 177) sowie des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 (ZVertriebsR 2014, 46).

Besonderer Zankapfel bleiben Umsatzprognosen, die ein Franchisegeber vor Abschluss des Franchisevertrages dem Franchisenehmer-Inter­essen­ten mitteilt. Sofern ein Franchisegeber hier Angaben tätigt, müssen diese richtig und vollständig sein und auf nachvollziehbarer und realistischer Grundlage beruhen. Sind solche Grundlagen nicht vorhanden oder gibt es keine vergleichbaren Franchisebetriebe, so muss dies dem Franchisenehmer mitgeteilt werden. Dies gilt auch dann, wenn mitgeteilte Umsatzzahlen lediglich auf Schätzungen, nicht aber auf realistischer Grundlage beruhen, da Erfahrungswerte vergleichbare Franchisebetriebe nicht existieren oder nicht erhoben worden sind.

Kommentare sind geschlossen.