LG München I: Teilurteil vom 26.10.2018, Az. 37 O 10335/15 – Bindung des Franchisenehmers an Werbemaßnahmen (TV-Werbespots) des Franchisegebers mit Rabattaktionen – Anspruch des Franchisenehmers auf Schadensersatz („Burger King“)

I. Sachverhalt (vereinfacht)

1. Die Klägerinnen betreiben als Franchisenehmer Restaurants im Burger-King-Franchisesystem. Neben den Klägerinnen gehören mehrere Schwestergesellschaften zum Konzernverbund. Die Beklagte ist der Franchisegeber. Mit der Klage wenden sich die Klägerinnen gegen Maßnahmen der Beklagten im Rahmen des Franchisesystems.

Die Franchiseverträge enthalten jeweils unter Ziffer 9 – Gebühren und Werbekostenbeiträge – folgende Bestimmungen:

„(1) Royalties: FN verpflichtet sich, an BKE als Gegenleistung für die Benutzung der Burger King Marken und des Burger King Systems eine prozentuale Gebühr, bezogen auf den im Franchise-Restaurant erzielten Umsatz zu zahlen. Der Prozentsatz der Gebühr ist in Anlage 3 zu diesem Vertrag bezeichnet. […]

(2) Werbung und Verkaufsförderung: Der FN verpflichtet sich, an BKE als Werbekostenbeitrag einen prozentualen Betrag, bezogen auf den im Franchise-Restaurant erzielten Umsatz zu zahlen. Der Prozentsatz ist ebenfalls in Anlage 3 zu diesem Vertrag bezeichnet. Dieser Werbekostenbeitrag ist in gleicher Weise wie die Royalties gem. vorstehender Ziffer 9 (1) zu ermitteln und zu entrichten. […]

BKE wird diesen Werbekostenbeitrag, abzüglich der Kosten des Verwaltungsaufwands und etwa anfallender Steuern, zum allgemeinen Nutzen des Franchise-Restaurants für Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit verwenden und daraus insbesondere die Kosten für den Entwurf, die Herstellung sowie die Beseitigung von Werbe- und Verkaufsförderungsmaterial und diejenigen Kosten der Marktforschung bestreiten, die sich unmittelbar auf die Entwicklung und die Effektivität der Werbung und Verkaufsförderung beziehen. BKE ist berechtigt, den Werbekostenbeitrag des FNs mit entsprechenden Zahlungen anderer Franchisenehmer von BKE und von mit BKE verbundenen Unternehmen zu einem Werbefonds zusammenzufassen und die so zusammengefassten Mittel auf einer ausgewogenen und sachgerechten Grundlage für die Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit in dem Marktgebiet zu verwenden, in dem sich das Franchise-Restaurant befindet. (…).

Befreiungen von der Zahlung des Werbekostenbeitrages sahen die Franchiseverträge nicht vor. Unstreitig blieb im Gerichtsverfahren, dass die Beklagte einen anderen Franchisenehmer von der Entrichtung der Werbegebühr befreit hatte.

2. Die Beklagte nutzte die Werbekostenbeiträge unter anderem dazu, Produkte aus dem Menüangebot der Klägerinnen im Rahmen von TV-Werbespots zu Niedrigpreisen zu bewerben. Horizontal am unteren oder vertikal am seitlichen Bildrand wurde jeweils am Ende des TV-Spots für einige Sekunden in kleiner Schrift der Hinweis „In allen teilnehmenden Restaurants. Unverbindliche Preisempfehlung“ eingeblendet.

Weiterhin gab sie den Klägerinnen auf, die Anschaffung eines bestimmten Flex-Broilers vorzunehmen. Auf Druck der Beklagten tätigten die Klägerinnen diese Anschaffungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.

3. Die Klägerinnen und die mit ihr verbundenen Unternehmen nahmen an den Werbeaktionen zu Beginn 2012 nicht mehr teil.

Anfang Juni 2013 wies ein mit der Klägerin zu 1) verbundenes Unternehmen die Beklagte darauf hin, dass die beworbenen Dumpingpreise ihr finanziellen Schaden zufügen und sie mit den Werbemaßnahmen nicht einverstanden sei, und forderte eine angemessene Reduzierung ihres Werbekostenbeitrags. Diese Forderung wies die Beklagte zurück. Mitte 2013 gaben die Klägerinnen dann ihren Widerstand gegen die Werbemaßnahmen auf und beteiligten sich an den Werbeaktionen. Durch die Teilnahme an den Werbeaktionen und den damit verbundenen niedrigen Preisen erhöhte sich der Umsatz der Franchisenehmer und damit auch die von ihnen zu entrichtende Franchisegebühr, die sich am Umsatz orientiert.

4. Die Klägerinnen halten die beanstandeten Werbemaßnahmen und Vorgaben der Beklagten für rechtswidrig.

a) Zum einen seien die Maßnahmen wegen Verstoßes gegen das Preisbindungsverbot aus § 1 Abs. 1 GWB, Artikel 4 Vertikal-GVO in Verbindung mit § 2 Abs. 2 GWB unzulässig

Von der TV-Werbung der Beklagten gehe trotz des Hinweises auf die „unverbindliche Preisempfehlung“ eine Bindungswirkung aus. Dies liege an der Ausgestaltung der Franchiseverträge. Bei Nichtteilnahme drohten den Klägerinnen nicht zumutbare wirtschaftliche Nachteile und negative Bewertungen, z. B. auch durch die Beklagte selbst im Rahmen der Restaurantkontrollen. Auch ihr Werbebeitrag sei bei Nichtteilnahme sinnlos aufgewendet. Weiter seien sie den verständnislosen Kunden ausgesetzt, die wie selbstverständlich davon ausgingen, dass auch die Klägerinnen an den Preisaktionen teilnehmen, und aufgrund der massiven TV-Werbung auch nicht auf andere Produkte hätten ausweichen wollen, sondern protestierten und abwanderten. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte bis 2016 keine Liste im Internet veröffentlicht habe, auf der die an den Werbeaktionen teilnehmenden Restaurants aufgeführt seien.

Das Kalkül der Beklagten hinter den teilweise ruinösen Preisaktionen bestehe darin, den Umsatz der Filialen und damit die hieran orientierte Franchisegebühr zu ihren Gunsten anzuheben, während der Ertrag der einzelnen Franchiserestaurants rückläufig sei. Die Beklagte verwende die Werbekostenbeiträge im Ergebnis nicht zum allgemeinen Nutzen aller Franchisenehmer, sondern allein zu ihrem eigenen Nutzen. Ihren Gewinn hätten die Klägerinnen mit der Teilnahme an den Werbeaktionen nicht steigern können. Den Klägerinnen sei sogar ein negativer Deckungsbeitrag entstanden. Die Kunden griffen vermehrt auf die zu Niedrigpreisen beworbenen Produkte zurück. Deren Verkauf sei aber für die Klägerinnen defizitär.

b) Die Freistellung des anderen Franchisenehmers vom Werbekostenbeitrag sei darüber hinaus eine nach § 20 GWB verbotene Diskriminierung der Klägerinnen. Die Beklagte habe auch die Klägerinnen von der Zahlung des Werbekostenbeitrags befreien oder alle Franchisenehmer gleich behandeln müssen.

5. Die Klägerinnen haben vor dem Landgericht München eine Klage mit mehreren Anträgen eingereicht. Sie begehren u. a.:

– die Beklagte zu verurteilen, es künftig zu unterlassen, die Werbekostenbeiträge der Klägerinnen für TV-Werbespots zu verwenden, wenn diese faktisch zu einer Bindung an die – teilweise ruinösen – Preisvorgaben des Franchisegebers führten (nachfolgend unter II. 1.);

– festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen sämtliche Schäden zu erstatten, die den Klägerinnen durch die Teilnahme an den Werbemaßnahmen entstanden sind (nachfolgend unter II. 2.);

– die Beklagte zu verurteilen, Auskunft durch eine geschlossene Aufstellung über die Einnahmen und Ausgaben aller Werbekostenbeiträge aller Franchisenehmer zu erteilen und dazu auch Belege vorzulegen (nachfolgend unter II. 3.);

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie bestreite bereits einen Schaden der Klägerinnen. Der Umsatz habe infolge der TV-Werbespots gesteigert und im Ergebnis zu einem höherer Gewinn bei allen Franchisenehmern und nicht zu einem negativen Deckungsbeitrag geführt. Die TV-Werbespots seien im Übrigen branchenüblich, wie auch die Beispiele von Kentucky Fried Chicken und McDonald‘s zeigten.

Ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Werbekostenbeiträge bestehe nicht, da sie die Beiträge nicht treuhänderisch, sondern im eigenen Namen verwalte und die Interessengemeinschaft ihrer Franchisenehmer vertragsgemäß allein die Überprüfung vornehme. Daher sei der Anspruch der Klägerinnen ohnehin bereits erfüllt.

II. Entscheidungsgründe

Das Landgericht München gab der Klage nahezu umfassend statt.

1. Der Antrag, es zu unterlassen, die Werbekostenbeiträge für TV-Werbespots zu verwenden, die zur einer Preisbindung der Klägerin führten, sei begründet, da die Beklagte verpflichtet sei, alle Werbemaßnahmen zum Nutzen aller Franchisenehmer und im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen.

a) Die fraglichen TV-Werbespots seien eine unzulässige gegen §§ 1, 33 GWB verbotene Wettbewerbsbeschränkung. Sie bewirkten eine Einschränkung des Wettbewerbs nach §§ 1, 2 Abs. 2 GWB, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 a) Vertikal-GVO.

aa) Werbemaßnahmen des Franchisegebers in Gestalt der TV-Werbesports stellen wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen im Sinne des § 1 GWB dar, wenn sie nicht in ausreichendem Maße darauf hinweisen, dass nicht alle Franchise-Filialen an den beworbenen Preisaktionen teilnehmen.

bb) Diese Wettbewerbsbeschränkungen seien auch nicht gerechtfertigt.

(1) Die Werbemaßnahmen stellten abgestimmte Verhaltensweisen zwischen der Beklagten und ihren Franchisenehmern im Sinne des § 1 GWB dar. Zwar haben sich die verschiedenen Franchisenehmer mit der Beklagten nicht konkret auf die Durchführung der streitgegenständlichen Werbemaßnahmen geeinigt. Eine Verhaltensabstimmung ist indes auch bereits dann gegeben, wenn der Adressat eines Abstimmungsangebots vor Durchführung des Angekündigten die Annahme signalisiert (Immenga/Mestmäcker/Zimmer, GWB, 5. Aufl. 2014, § 1 Rn. 95). Darauf, ob jeder einzelne Franchisenehmer an konkreten Werbeaktionen teilnimmt, kommt es insoweit nicht an.

(2) Die Beklagte sei zunächst nicht gehindert, für ihr Leistungsangebot zu werben und dabei auch Niedrigpreisaktionen durchzuführen und zu bewerben. Zudem seien bestimmte Verpflichtungen in Franchisesystemen systemimmanent und somit nicht schon als wettbewerbsbeschränkend im Sinne des §§ 1 GWB anzusehen. Dies gelte allerdings nur für unerlässliche Bestandteile eines funktionsfähigen Franchise-Systems. Franchisesysteme sind nicht per se vom Kartellverbot freigestellt. Denn Franchisenehmer sind eigenständige Unternehmer im Sinne des Kartellrechts. Nicht mehr unerlässlich und damit wettbewerbsbeschränkend sind Bestimmungen, die den „Intrabrand-Wettbewerb“ zwischen den einzelnen Franchisenehmern einschränkten. Preisempfehlungen innerhalb von Franchisesystemen seien daher wettbewerbsbeschränkend, wenn diese faktisch eine Bindungswirkung wie Fest- oder Mindestpreisbindungen herbeiführten.

(3) Vorliegend könne dahinstehen, ob negative Bewertungen oder sonstige Maßnahmen des Franchisegebers einen derartigen unzulässigen Druck auf die Klägerinnen erzeugt haben. Denn schon allein aufgrund des unzureichenden Hinweises in den Werbespots auf die teilnehmenden Filialen waren die Klägerinnen faktisch gezwungen, ihre Ware zu den beworbenen Preisen anzubieten. Zwar sei bei allen Spots am Schluss der Hinweis „In allen teilnehmenden Restaurants. Solange der Vorrat reicht. Unverbindliche Preisempfehlung.“ eingeblendet. Dieser sei jedoch für den Betrachter kaum wahrnehmbar. Zum einen erfolge die Einblendung erst für wenige Sekunden am Ende des Spots. Zum anderen sei die Schrift so klein, dass sie auf der Größe eines normalen Fernsehbildschirms schwer lesbar gewesen sei. Auch die Einblendungszeit sei mit 2-3 Sekunden besonders kurz gewesen. Selbst wenn der Betrachter daher gezielt auf den Hinweis achtet, wird er ihn kaum lesen und den Inhalt daher nicht erfassen können. Der durchschnittliche Betrachter des Spots, der auf den Hinweis nicht gezielt achtet, sondern schlicht den Spot ansieht, wird lediglich den beworbenen Preis, nicht aber den einschränkenden Hinweis wahrnehmen. Dies gelte umso mehr, als die in der Werbung in großer Schrift enthaltene Preisangabe nicht etwa mittels eines Sternchens auf den einschränkenden Hinweis verweise. Der Zuschauer habe daher keinen Anlass, den kleingedruckten Hinweis zu lesen (vgl. ebenso BGH Urt. v. 04.02.2016 – I ZR 194/14 – „Fressnapf“ Rn.14, juris).

(4) Dies führe im Ergebnis dazu, dass die von der Werbung angesprochenen potentiellen Kunden die dort genannten Preise ausnahmslos auf alle Franchiseunternehmen beziehen müssten. Aufgrund der identischen Marke und des einheitlichen Erscheinungsbildes der Restaurants habe der unbefangene Betrachter daher auch davon ausgehen müssen, die beworbenen Produkte seien auch in den Restaurants aller Franchisenehmer und damit auch der Klägerinnen zu den beworbenen Preisen zu erhalten.

Dementsprechend habe ein über den üblichen Preiswettbewerb hinausgehender Druck bestanden, an den von der Beklagten beworbenen Aktionen teilzunehmen. Die Möglichkeit zur Distanzierung von den beworbenen Preisen würde beim Franchisenehmer zu erheblichen Geschäftsnachteilen, auch gegenüber den vom TV-Werbesport angesprochenen Kunden, führen. Im Ergebnis veranlasse die TV-Werbung daher den Franchisenehmer zur Übernahme der beworbenen Preise. Der Franchisenehmer müsse gemäß dieser mit der Werbung verfolgten Zielvorstellung des Franchisegebers das einheitliche Preisniveau des gesamten Vertriebssystems übernehmen (vgl. BGH, Urteil v. 02.02.1999 – KZR 11/97 Rz.33, juris; BGH Urteil v. 20.05.2003 – KZR 27/02 Rz.34ff.).

b) Auch eine Freistellung dieser Wettbewerbsbeschränkung gemäß § 2 Abs. 2 GWB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO oder als Einzelfreistellung nach § 2 Abs. 1 GWB komme nicht in Betracht.

Es fehle bereits an einem Einzelfall oder an einer zeitlich beschränkten kurzfristigen Sonderaktion. Über Jahre hinweg habe die Beklagte für wechselnde Produkte im Rahmen einer dauerhaften einheitlichen Werbeaktion Preisbindungen der Franchisenehmer herbeigeführt. Nahezu monatlich seien derartige Preisaktionen in TV-Werbespots erfolgt. Jeden Monat habe es wechselnde Wochenangebote gegeben.

2. Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Franchisegebers ist nach dem Landgericht München ebenfalls begründet.

Den Klägerinnen stehe ein Schadensersatzanspruch nach §§ 33a, 33 GWB zu.

a) Die Beklagte habe durch die aus den Werbebeiträgen finanzierten TV-Werbespots eine unzulässige Preisbindung herbeigeführt und damit schuldhaft gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verstoßen.

b) Der noch nicht bezifferte Schaden der Klägerinnen sei auch wahrscheinlich. Für die Begründetheit einer Schadensersatzfeststellungsklage reiche eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens aus.

Dies sei vorliegend gegeben. Maßstab für die Berechnung eines aufgrund unzulässiger Preisbindung entstandenen Schadens sei dabei der Gewinn, der ohne die Bindung beim Verkauf der beworbenen Artikel hätte erzielt werden können. (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 – KZR 27/02 –, Rn. 38, juris). Dass dieser Gewinn ohne die Preisbindung höher ausgefallen wäre, erscheine auch unter Berücksichtigung der Einwände der Beklagtenseite zur möglichen Kundenabwanderung bei Nichtteilnahme an den Werbeaktionen zumindest denkbar und möglich. Der von den Klägerinnen aufzeigte „Kannibalismuseffekt“ sei plausibel. Insgesamt sei daher wahrscheinlich, dass den Klägerinnen ursächlich durch die Preisvorgaben in den TV-Werbespots ein Schaden entstanden sei.

3. Der Antrag der Klägerinnen auf Auskunft zu den Einnahmen und Ausgaben hinsichtlich der vereinnahmten Werbekostenbeiträge aller Franchisenehmer sei ebenfalls gegeben, §§ 675, 666, 259 BGB.

a) Die Verwaltung eines zentralen Werbefonds durch den Franchisegeber, der sich aus Werbekostenbeiträgen der Franchisenehmer speise, stelle eine entgeltliche Geschäftsbesorgung des Franchisegebers dar, die zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet. Daraus folge die vertragliche Nebenpflicht des Franchisegebers, die Werbemittel sorgfältig und nicht verschwenderisch zu verwenden. Mit der Verwaltung des Werbefonds übe die Beklagte daher für die Franchisenehmer eine entgeltliche Geschäftsbesorgung aus. Dies ist jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen (Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 675 Rn. 2 m.w.N.). Die Beklagte übernehme mit den Mitteln des Werbefonds zum Nutzen der Franchise-Restaurants Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit, mithin Maßnahmen zur Förderung der Geschäfte der Klägerinnen, so dass diese Tätigkeit jedenfalls auch der Wahrnehmung von deren Vermögensinteressen diene.

Bei den von den Franchisenehmern entrichteten Beträgen für den Werbefonds handele es sich daher nicht um der Beklagten zustehende Entgelte, sondern um treuhänderisch gebundenes Vermögen, das zugunsten der Franchisenehmer für Werbemaßnahmen zu Verfügung stehe. Daraus folge die vertragliche Nebenpflicht der Beklagten als Franchisegeber, die Werbemittel sorgfältig und nicht verschwenderisch zu verwenden. Aufgrund dieser treuhänderischen Bindung sei die Beklagte auch zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet (vgl. OLG Düsseldorf Urteil v. 06.04.2011 – U (Kart) 20/10 – Rz.63, juris m.w.N.).

b) Soweit die Klägerinnen Auskunft über die Höhe der insgesamt vereinnahmten Werbekostenbeiträge sowie über die Ausgaben verlange, sei dies erforderlich, um die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Ausgaben beurteilen zu können. Die Klägerinnen seien in ihrem Auskunftsanspruch daher nicht auf die Höhe ihrer eigenen Werbekostenbeiträge beschränkt. Die Informationspflicht erstrecke sich auch auf solche Geldbewegungen, mit denen die Werbegelder außerhalb des zusammengefassten Werbefonds verwendet würden, insbesondere im Rahmen des Cash-Poolings.

c) Die Klägerinnen könnten dabei auch die Vorlage von Belegen verlangen. Dies ergebe sich aus §§ 666, 259 Abs. 1 BGB.

d) Der Anspruch sei auch nicht durch Erfüllung erloschen, § 362 BGB.

Zum einen sei von der Beklagten nicht vorgetragen, dass der Interessenvertretung der Franchisenehmer (Werbebeirat) gerade die hier begehrten Auskünfte der Klägerin erteilt worden seien. Zum anderen würde es sich um eine Erfüllung durch Auskunft an Dritte im Sinne des § 362 Abs. 2 BGB handeln. Dafür sei die Zustimmung der Klägerinnen gemäß § 185 BGB erforderlich. Eine derartige Zustimmung ist von den Klägerinnen jedoch nicht erteilt worden.

III. Fazit

Die Entscheidung des Landgerichts München, die auf der Welle der ganz herrschenden Meinung im Franchiserecht liegt, befasst sich mit zwei „Klassikern“ im Franchiserecht, nämlich zum einen mit der Teilnahmepflicht für Franchisenehmer an den TV-Spots des Franchisegebers mit der Bewerbung von regelmäßigen Sonderaktionen mit erheblichen Rabatten für Kunden und zum anderen mit dem individuellen Auskunftsanspruch des Franchisenehmers bei der Vereinnahmung von Werbekosten durch den Franchisegeber. Mit der Entscheidung des Landgerichts München können folgende drei Ergebnisse festgehalten werden:

1. Führt der Franchisegeber regelmäßig Werbemaßnahmen mit Sonderkonditionen für die Kunden seiner Franchisenehmer durch, liegt eine kartellrechtlich unzulässige Wettbewerbsbeschränkung vor, wenn ein faktischer Zwang des Franchisenehmers zur Teilnahme an den Rabattaktionen besteht oder wenn in den Werbemaßnahmen nicht selbst deutlich (z. B. durch Sternchen) darauf aufmerksam gemacht wird, dass nicht alle Franchisenehmer sich an der Sonderaktion beteiligen.

2. Liegt eine unzulässige Werbemaßnahme gemäß vorheriger Ziffer 1. vor, hat der Franchisenehmer einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 33, 33a GWB. Er ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht an der unzulässigen Werbemaßnahme mit den Rabattaktionen hätte teilnehmen müssen. Es besteht eine Vermutung dafür, dass sein Umsatz und Gewinn ohne die Rabattaktionen höher ausgefallen wäre. Dafür muss gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten im gerichtlichen Verfahren eingeholt werden.

3. Der Franchisenehmer hat einen Anspruch auf Auskunft über alle Einnahmen und Ausgaben eines Werbefonds, den der Franchisegeber zur Finanzierung von Werbemaßnahmen für seine Franchisenehmer einrichtet. Der Anspruch ist auf eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben gerichtet. Er umfasst auch die Pflicht zur Vorlage von Belegen durch den Franchisegeber. Der individuelle Anspruch des Franchisenehmers wird – ohne Zustimmung des Franchisenehmers – nicht durch Auskunft gegenüber einem Werbebeirat oder einer sonstigen Interessenvereinigung, die der Franchisegeber eingesetzt hat, erfüllt.

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