BGH: Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit pauschaler Höhe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 31.08.2017, Az. VII ZR 308/16 mit der Regelung von Vertragsstrafen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne § 305 BGB befassen müssen, wobei eine pauschale Vertragsstrafenhöhe in Rede stand.

I. Sachverhalt

  1. Der kaufmännische Beklagte betrieb eine Gaststätte in O. Die Klägerin war ebenfalls Kauffrau und Herausgeberin eines Gutscheinblocks, des sog.  „Schlemmerblocks“. Sie bot Betreibern von Gaststätten die Veröffentlichung von Anzeigen an. Die Gastwirte verpflichteten sich im Gegenzug dazu, den Erwerbern eines „Schlemmerblocks“ (im Folgenden: Kunden) gegen Vorlage der darin enthaltenen Gutscheine bei Abnahme von mindestens zwei Hauptgerichten einen Preisnachlass von 100% für das günstigere Hauptgericht anzubieten.
  1. Im August 2014 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Aufnahme der Beklagten in den „Schlemmerblock“ für das Jahr 2015. Die maximale Anzahl der einzulösenden Gutscheine wurde dabei auf 8.000 Stück festgelegt. Die in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthielten unter Nr. 20 folgende Klausel:

Der Gutschein-Anbieter verpflichtet sich, bei einem vorsätzlich schuldhaften Verstoß gegen die im vorliegenden Anzeigevertrag sowie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommenen Pflichten eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs an die V. GmbH [Klägerin] zu zahlen. Die Vertragsstrafe beträgt € 2.500,00 für jeden Fall, jedoch maximal insgesamt € 15.000,00 und ist verwirkt, wenn ein Gutschein-Nutzer sich über die Nichteinhaltung der im vorliegenden Anzeigevertrag sowie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommenen Pflichten nachgewiesen berechtigt bei der V. GmbH beschwert. […]“.

  1. Anfang des Jahres 2015 beschwerten sich mehrere Kunden bei der Klägerin über die Nichteinlösung von Gutscheinen. Zudem erklärte der Beklagte mit Schreiben vom Februar 2015, dass er „keine Schlemmerblöcke mehr annehmen“ werde.
  1. Die Klägerin erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht und begehrte Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,00. Das Amtsgericht und die zweite Instanz gaben der Klägerin Recht und verurteilten den Beklagten zur Zahlung.

II. Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,00 nicht zu.

 

  1. Zunächst stellte der Bundesgerichtshof fest, dass es sich bei der streitgegenständlichen Vertragsstrafenklausel um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, § 305 Abs. 1 BGB. Diese müsse sich daher einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stellen.
  1. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sei eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Eine solche Benachteiligung des Schuldners einer Vertragsstrafe könne sich – auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr – aus der unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Dies sei insbesondere der Fall, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und den Folgen für den Schuldner der Vertragsstrafe stehe. Ist ein bestimmter Betrag als pauschale Sanktion vorgesehen, ohne dass nach Art, Gewicht und Dauer der Vertragsstöße differenziert werde, könne sich die Unangemessenheit schon daraus ergeben. Ein pauschale Höhe sei nur dann zulässig, wenn diese Pauschale angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes noch angemessen wäre.
  1. Nach diesen Maßstäben sei die streitgegenständliche Klausel unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion finde nicht statt. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe entfalle vollständig.

Die Klausel bestimme für jeden vorsätzlichen Verstoß gegen die übernommenen Pflichten eine einheitliche Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,00. Dieser Pauschaltbetrag, der ohne Differenzierung nach dem Gewicht des Vertragsverstoßes anfalle, sei unverhältnismäßig hoch und benachteilige den Gläubiger unangemessen. Die unterschiedslose Vertragsstrafe gelte beispielsweise auch für einmalige kleinere Verstöße wie etwa das Angebot einer kleineren Portion oder eines unfreundlichen Service. Für derartige Verstöße sei eine Vertragsstrafe in Höhe von € 2.500,00 offensichtlich unverhältnismäßig hoch.

III. Fazit

  1. Vertragsstrafen spielen nicht nur im allgemeinen Vertriebsrecht eine Rolle. Auch Franchisegeber lassen sich regelmäßig für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Verpflichtungen aus dem Franchisevertrag die Zahlung einer Vertragsstrafe versprechen. Dabei müssen sich die Vertragsstrafen als Allgemeine Geschäftsbedingungen jedoch einer Transparenz- und Inhaltskontrolle stellen, §§ 305, 307 BGB (sog. AGB-Kontrolle). Auf die Formulierung im Franchisevertrag ist äußerste Sorgfalt zu legen.
  1. Dies gilt auch im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten und Unternehmern. Zwar sollen nach § 310 Abs. 1 S. BGB im unternehmerischen Verkehr im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessene Berücksichtigung finden. Regelmäßig gelangen jedoch AGB-Kontrollen im Rechtsverkehr mit Privatleuten und mit Unternehmern zu demselben Ergebnis. Vor allem Vertragsstrafen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden von den Gerichten einer strengen Prüfung unterzogen. Vertragsstrafenregelungen sind regelmäßig nur dann wirksam, wenn sie klar formuliert sind und ein angemessenes Verhältnis zwischen Höhe der Vertragsstrafe, der Art der Pflichtverletzung und der Intensität der Pflichtverletzung gewahrt ist. Vertragsstrafen mit einer pauschalen Höhe werden diesen Anforderungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur dann gerecht, wenn die Pauschale bei Ansatz des am geringsten denkbaren Verstoßes noch wirksam wäre.

Kommentare sind geschlossen.