BGH: Haftung des Franchisegebers im vorvertraglichen Bereich bei Einschaltung Dritter

Im Rahmen der vorvertraglich geschuldeten Aufklärung schalten Franchisegeber immer wieder Dritte ein, die Angaben gegenüber dem Franchisenehmer zum Standort, zu den Rentabilitätsaussichten, zu den erreichbaren Umsatz- und Gewinnzahlen, zur Konkurrenz- und Wettbewerbssituation etc. machen. Diese Dritte sind in Praxis Steuerberater / Wirtschaftsprüfer; Gründungsberater oder sonstige Unternehmen, die sich auf die Beratung von Franchisenehmern bzw. Existenzgründern spezialisiert haben. Soweit die Franchisenehmer mit Ihrer Franchisetätigkeit scheitern und die vorvertraglich gemachten Angaben des Dritten unzutreffend waren, stellt sich Frage der vorvertraglichen Haftung des Franchisegebers gemäß §§ 280, 311 BGB, unabhängig davon, ob der Dritte vom Franchisegeber oder vom Franchisenehmer selbst beauftragt worden ist.Mit einer derartigen Konstellation hatte sich der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.05.2012 (Az. II ZR 69/12) zu beschäftigen, allerdings im Rahmen der Rückabwicklung einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft.

Die Klägerin hatte sich an dieser Kommanditgesellschaft beteiligt, die Beklagte war die Gründung- und Treuhandkommanditistin dieser Kommanditgesellschaft. Die Klägerin hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann, vermittelt durch einen Anlagevermittler, die Beklagte als Treuhänderin beauftragt, eine Beteiligung der Klägerin an dem von der Beklagten aufgelegten Fond in einer Gesamteinlage von DM 100.000,00 zu begründen und zur Finanzierung ein Darlehen zu den jeweils gültigen Konditionen bei finanzierenden Kreditinstituten aufzunehmen. Die Klägerin hat mit der Behauptung, sie sei durch die unzutreffenden Informationen des Anlagevermittlers zum Abschluss des Treuhandvertrages und zur Unterzeichnung des Fonds veranlasst worden, Klage auf Schadensersatz erhoben.Das Oberlandesgericht ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Tätigkeit des Anlagevermittlers sei keine von der Beklagten gewollte Mitwirkung bei der Vertragserfüllung. Die Beklagte habe in ihrem eigenen Anlageprospekt zutreffend und richtig aufgeklärt, so dass keine Pflicht der Beklagten bestanden habe, irreführende Angaben von Mitarbeitern des Vertriebs richtig zu stellen. Im Rahmen des Vertriebs der Anlage sei der Vermittler nicht im Verantwortungsbereich der Pflichten der Beklagten tätig gewesen. Die Beklagte sei mit dem Vertrieb der Fondbeteiligung nicht befasst gewesen, da dies laut Prospekt Aufgabe einer anderen Gesellschaft gewesen sei. Der Vermittler sei daher von der Beklagten nicht eingeschaltet gewesen, so dass sich die Beklagte auch nicht die Vorteile der Arbeitsteilung zu Nutze gemacht habe. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet. Grund dafür sei, dass die Beklagte sich die fehlerhaften Angaben des Vermittlers nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Die Beklagte habe als Gründungsgesellschafterin die Pflicht gehabt, ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und über alle Umstände aufzuklären, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein konnten. Ein Gründungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebes bedient und die von diesem eingeschalteten Vermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben. Er muss sich das Verhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, zurechnen lassen. Die Verwendung eines Prospekts zur Aufklärung der Beitrittsinteressenten schließt die weitergehende Haftung der Beklagten nicht aus. Denn nach § 278 BGB haftet der Schuldner für Pflichtverletzungen eines Erfüllungsgehilfen auch dann, wenn der Erfüllungsgehilfe, also hier der Dritte, von seinen Weisungen abweicht, solange sein Handeln noch im Zusammenhang mit den ihm übertragenen Aufgaben steht.Unerheblich sei vorliegend auch, dass die Beklagte nach dem Prospekt nicht selbst für den Vertrieb der Anlage zuständig, sondern der Vertrieb Aufgabe einer anderen Gesellschaft war. Denn die Beklagte hat die Aufklärung der Beitrittsinteressenten der Vertriebsgesellschaft übertragen, weil sie nach dem im Prospekt genannten Konzept Beitrittsinteressenten nicht selbst, sondern über diese Vertriebsgesellschaft warb. Damit wurden dieser Vertriebsgesellschaft jedoch auch die Verhandlungen mit den Beitrittsinteressenten und ihre Aufklärung übertragen. Auch wenn die Vertriebsgesellschaft mit dem Anlagevermittler vorliegend einen Untervermittler hinzu gezogen hatte, ändert dies nichts an der Haftung der Beklagten nach § 278 BGB. Das Verschulden von Untervermittlern ist nämlich bereits dann zuzurechnen, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden muss.

Fazit: Die vorliegende Entscheidung sollte auch für das Franchiserecht maßgeblich sein und die Grundsätze für die Haftung von Franchisegebern bei der Hinzuziehung von Dritten abstecken. Werden einem Franchisenehmer-Interessenten vor Abschluss des Franchisevertrages von Dritten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfern, Beratungsunternehmen etc.) Informationen überlassen und weiß der Franchisegeber, dass diese für die Außendarstellung des Franchisesystems und für die konkrete Anlageentscheidung des Franchisenehmer-Interessenten von Bedeutung sind, kommt eine Zurechnung des Verschuldens derartiger Personen als Erfüllungsgehilfen für den Franchisegebers in Betracht. Dabei sollte unerheblich sein, ob der Franchisenehmer-Interessent mit dem Dritten einen eigenen Beratungsvertrag abgeschlossen hat oder nicht, da auch in dem hier besprochenen Urteil des Bundesgerichtshofes eine derartige Differenzierung nicht vorgenommen wurde. Ob eine Zurechnung eines Verschuldens des Dritten über § 278 BGB ausscheidet, wenn sich der Dritte bewusst von inhaltlichen Vorgaben des Franchisegebers entfernt, muss an den besonderen Umständen jedes Einzelfalles geprüft werden. Die Einschaltung Dritter, die den Franchisenehmer-Interessenten vorvertraglich beraten, stellt jedoch ein erhebliches Risiko für Franchisegeber dar. Werden hier unzutreffende Angaben gemacht, die ursächlich für den Vertragsabschluss des Franchisenehmers werden, kommen wegen der Zurechnung des Verhaltens des Dritten Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten gemäß §§ 280, 311 BGB gegen den Franchisegeber in Betracht. Die Zurechnung eines Verschuldens eines Dritten, wird allerdings dann ausscheiden, wenn der Dritte ohne Kenntnis des Franchisegebers und zumindest ohne Empfehlung des Franchisegebers selbstständig und ohne Rücklauf auf Informationen des Franchisegebers beraten worden ist.

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