OLG Schleswig: Kein Ausgleichsanspruch bei Franchiseverhältnissen nach § 89b HGB

In einem Hinweisbeschluss aus 12.2014 hat sich das OLG Schleswig (OLG Schleswig, Az. 4 U 48/14) mit einem Ausgleichanspruch des Franchisenehmers im Falle der Beendigung des Franchisevertrages befassen müssen.

I. Sachverhalt

Die Parteien stritten um einen Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers nach Beendigung eines Franchisevertrages entsprechend § 89b HGB in Höhe von € 100.000,00. Die klagende Franchisenehmerin betrieb einen Franchisebetrieb im Bereich der Tiernahrung. Sie war gleichzeitig auch Untermieterin des Franchisegebers. Der Franchisevertrag enthielt die übliche Kopplungsklausel, nach der die Beendigung des Mietvertrages auch zur Beendigung des Franchisevertrages führen sollte. Die Franchisenehmerin hatte vorliegend den Untermietvertrag über die Betriebsräume ihres Franchisebetriebes aufgrund von Mängeln der Mietsache (u. a. Mäusebefall) gekündigt.

II. Entscheidungsgründe

Das OLG Schleswig hat die Berufung der Klägerin zurück gewiesen und das erstinstanzliche, klageabweisende Urteil bestätigt.Eine analoge Anwendung des § 89b HGB, der für Handelsvertreter zugeschnitten ist, sei entsprechend den Vorgaben des Bundesgerichtshofes im sog. JOOP Urteil (BGH; GRUR 2010, S. 1107) nur dann möglich, wenn

a) sich das Rechtsverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Franchisenehmer derart in die Absatzorganisation des Franchisegebers eingegliedert sei, dass er wirtschaftliche in erheblichem Umfang mit einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen habe, und

b) der Franchisenehmer verpflichtet ist, dem Franchisegeber bei Beendigung seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass dieser die Vorteile des Kundenstammes Franchisenehmers sofort und ohne Weiteres nutzen könne.

Das OLG Schleswig sah bereits die Eingliederung der klagenden Franchisenehmerin in die Absatzorganisation der Franchisegeberin als fraglich an, da der Schwerpunkt nicht in dem Vertrieb von Waren des Franchisegebers, sondern in der Überlassung des Know-how des Franchisegebers an die Franchisenehmerin gelegen habe. Dass auch eine Verpflichtung zur Führung von Eigenmarken des Franchisegebers verbunden sei, sei unschädlich, da der Franchisegeber in erster Linie das Ziel verfolgt habe, die Marktanteile der angeschlossenen Tierhandels- und Zoo-Fachmärkte zu erhöhen.

In jedem Falle fehle es aber an der zweiten Voraussetzung, nämlich der Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes.

Der Franchisevertrag enthalte dazu weder eine ausdrückliche Verpflichtung, noch eine konkludente Vereinbarung. Im Franchisevertrag sei eine Übertragungspflicht nur für eine Vertragsbeendigung, die vom Franchisenehmer zu vertreten ist, enthalten. Eine generelle Pflicht im Rahmen jeglicher Beendigung des Vertrages bestehe nicht. Aus den üblichen Rechtsfolgen (Pflicht zur Einstellung der Marke, etc.) folge eine Übertragungspflicht auch nicht mittelbar.

Auch die Kopplung von Miet- und Franchisevertrag und die damit einhergehende Pflicht, die Betriebsräume nach Beendigung des Franchisevertrages an den Franchisegeber herauszugeben, sei nicht mit einer Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes gleichzusetzen.

Die Übermittlungspflicht von Kundendaten, die im Zusammenhang mit einer Kundenkarte des Franchisesystems gewonnen worden sind, führe ebenfalls nicht zu einer generellen Verpflichtung des Kundenstammes. Zum einen habe die Franchisenehmerin ein eigenes Interesse an der Verwendung der Kundenkarten und einer einheitlichen Werbung gehabt. Zum anderen aber habe sie selbst entscheiden können, welchen Kunden sie eine solche Kundenkarte anbot. Zudem seien gerade nicht sämtliche Daten aller Kunden, sondern nur die der Besitzer einer Kundenkarte an den Franchisegeber übermittelt worden. Eine Vereinbarung zur vollständigen Übermittlung aller Kundendaten sei damit nicht getroffen worden. Der Franchisenehmer baue, anders als der Handelsvertreter, zudem den Kundenstamm nicht zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Franchisegeber, sondern für sich selbst auf.

Auch wenn eine zentrale Sammlung und Verwaltung der Kundendaten zu Werbezwecken durch die Systemzentrale dazu führe, dass der Franchisegeber allein durch Weiterführung der bisherigen Geschäfte einen Großteil der Kundenbeziehungen des Franchisenehmers ohne Ausgleich nutzen könne, sei eine dem Handelsvertreter vergleichbare Interessenlage nicht gegeben. § 89b HGB diene dazu, dem Handelsvertreter eine Gegenleistung dafür zu gewähren, dass er mit Schaffung des Kundenstammes dem Unternehmer gegenüber eine Leistung erbracht habe, die während der bisherigen Vertragslaufzeit noch nicht abgegolten worden sei. Dies ist bei einem Franchisesystem in der Regel jedoch nicht der Fall.

III. Fazit

Die analoge Anwendung des § 89b HGB auf Franchiseverhältnisse bleibt weiterhin ein Streitpunkt.

Unstreitig ist, dass die analoge Anwendung a) die Eingliederung des Franchisenehmers in die Absatzorganisation des Franchisegebers gleichsam einem Handelsvertreter sowie b) die Pflicht, bei Beendigung des Franchisevertrages den Kundenstamm zu übertragen, voraussetzt. Die JOOP Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH; GRUR 2010, S. 1107) wurde dahingehend gedeutet, dass die Voraussetzung nach a) nur Systeme erfüllen, bei denen (auch) Waren des Franchisegebers durch die Systempartner vertrieben werden. Andere Stimmen sehen eine derartig eindeutige Tendenz des Bundesgerichtshofes nicht. Allerdings tendiert auch das OLG Schleswig in diese Richtung, die dem Bundesgerichtshof beigemessen wird.

Letztlich stellt weist das OLG Schleswig die Klage aber wegen Fehlens der Pflicht zur Übertragung des Kundenstammes (b). Das Gericht sah hier keine entsprechende vertragliche Verpflichtung nach Beendigung im Franchisevertrag enthalten. Damit rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob auch die Verpflichtung zur Übermittlung der Kundendaten während der Laufzeit des Franchisevertrages und ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ausreichend sein können, um eine Übertragung des Kundenstammes nach Beendigung des Vertrages annehmen zu können. Wir halten dies durchaus für vertretbar, da die Ausnutzung des vom Franchisenehmer aufgebauten Kundenstammes nach Ende des Vertragsverhältnisses auch durch diese Gestaltung eintritt. In welcher Höhe der Ausgleichsanspruch dann tatsächlich besteht, sollte eine andere Frage sein. Letztlich besteht an diesem Punkt weiterhin jedoch keine Rechtssicherheit. Mit der Entscheidung des OLG Schleswig haben die Gegner einer entsprechenden Anwendung von § 89b HGB jedoch eine weitere wichtige Stimme für sich gewonnen.

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