LSG Berlin-Brandenburg: Zur Rentenversicherungspflicht von Selbständigen / Franchisenehmern

Die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.03.2013 – Az.: L 22 R 881 / 10) beschäftigt sich mit den Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und den damit einhergehenden Anforderungen an eine versicherungspflichtige Selbständigkeit.

1. Sachverhalt:

In dem zu entscheidenden Sachverhalt wandte sich der Kläger gegen die Feststellung des Sozialgerichts Berlin über seine Versicherungspflicht und die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung. Der Kläger war als Berater für die A-GmbH, ein Direktvertriebsunternehmen, tätig, und zwar nach den Vereinbarungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Hierzu konnte der Kläger die Produkte der A-GmbH vergünstigt erwerben und sodann an Endverbraucher verkaufen oder diese selbst verbrauchen.

Die A-GmbH selbst vermarktet ihre Produkte nicht selbst, sondern bedient sich dazu Beratern, wie dem Kläger, die unter Hinweis auf die bestehende Partnerschaft mit der A-GmbH, die Produkte und Dienstleistungen der A-GmbH an Endverbraucher verkaufen. Auch stand es dem Kläger frei, weitere Berater zu gewinnen, welche sodann ebenfalls die Produkte der A-GmbH verkauften. Die Vergütung des Klägers war ausschließlich erfolgsabhängig. Er erhielt einerseits Provisionen für die Leistungen der von ihm gewonnen Berater und andererseits die Handelsspanne, die er durch unabhängige Festsetzung des Verkaufspreises erzielte. Die Produkte der A-GmbH konnten von den Beratern über eine Internetplattform erworben werden. Auf dieser wurden auch Produkte und Dienstleistungen anderer Unternehmen angeboten. Dem Kläger stand es auch frei für andere Unternehmen tätig zu werden. Er vermittelte daneben insbesondere noch Telekommunikationsverträge eines anderen Unternehmens an Endverbraucher.

2. Entscheidungsgründe

Das LSG Berlin-Brandenburg hat das Urteil des Sozialgerichts Berlin aufgehoben und der Klage des Klägers stattgegeben. Es befand, dass der Kläger während seiner Tätigkeit für die A-GmbH als selbständig Tätiger nicht (renten-)versicherungspflichtig gewesen sei.

Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind selbständig tätige Personen dann (renten-)versicherungspflichtig, wenn sie

– im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und

– auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Das LSG Berlin-Brandenburg stellte fest, dass der Kläger als Selbständiger nicht nur für einen Auftraggeber tätig gewesen sei. Bei der Feststellung der Auftraggebereigenschaft im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sei zu ermitteln, ob eine Person regelmäßig einer gewissen wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber dem Auftraggeber unterliegen.

Bei gesetzeshistorischer Auslegung komme es dabei auf die mutmaßliche, typisierende Versicherungsbedürftigkeit der Person an, die sich aus allgemeinen Merkmalen und aus der durchschnittlichen Lebenslage der betroffenen Bevölkerungsgruppe ergebe.

Eine wirtschaftliche Abhängigkeit liege auf Dauer und im Wesentlichen von einem Auftraggeber jedoch nicht allein aufgrund des Bestehens eines Franchiseverhältnisses vor (ebenso: Bundessozialgericht, Urteil vom 24.11.2005, Az. B 12 RA 1/04).

Maßgeblich sei vorliegend, dass der Kläger, dem zwar der Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept vorgeschrieben worden sei, selbst Geldleistungen für die gelieferten Produkte zahlte und es an jeglicher rechtlicher Verpflichtung des Klägers fehlte, für die A-GmbH tätig zu werden. Vielmehr sei der Honoraranspruch des Klägers gegen die A-GmbH in Gestalt der Provisionen das wesentliche Merkmal des Organisations- und Marketingkonzeptes der A-GmbH. Zudem habe der Kläger weitere Berater als Vertriebspartner werben solle.

3. Fazit

Franchisegeber und Franchisenehmer sollten bei Abschluss eines Franchisevertrages genau prüfen, ob ggf. eine Rentenversicherungspflicht des selbständigen Franchisenehmers nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI in Betracht kommt.

Eine derartige Einordnung kann insbesondere dann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, wenn der Franchisenehmer regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.

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