LG Halle erklärt Widerrufsbelehrung nach § 14 Abs. 1 BGB – InfoV für unwirksam; neue Widerrufsmöglichkeiten für Franchisenehmer?

In einer spektakulären Entscheidung vom 13.05.2006 hat das Landgericht Halle (Aktenzei­chen: – 1 S 28/05 -) eine Widerrufsbelehrung für nicht ordnungsgemäß erklärt, soweit diese der Anlage 2 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichen Recht (BGB-InfoV) ent­spricht. In dieser Verordnung hat der staatliche Verordnungsgeber aufgrund der Ermächti­gung in Art. 245 EGBGB Unternehmern ein Muster für eine ordnungsgemäße Wider­rufsbelehrung zur Verfügung stellen wollen.

Dieses Muster einer Widerrufsbelehrung ist bereits in der Literatur auf Kritik gestoßen, da es nicht den gesetzlichen Forderungen des § 355 BGB entspreche. Gleichwohl wurde allgemein die Auffas­sung vertreten, dass Unternehmen (Franchisegeber) die Verbraucher in jedem Fall dann ausreichend über ihr mögliches Widerrufsrecht informiert worden seien, wenn sie das vom staatlichen Verordnungsgeber zur Verfügung gestellte Muster nutzten, da das Vertrauen in den staatlichen Normgeber schützenswert sei.

Das Landgericht Halle teilt die Kritik der Literatur. Insbesondere könne dem Muster nicht ent­nommen, wann genau die 14-tägige Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts zu laufen beginne. Zudem stelle die Belehrung „die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ in unzulässiger Weise für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung ab. Tatsächlich beginne gemäß § 187 Abs. 1 BGB die Widerrufsfrist jedoch erst am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung zu laufen. Anders als die Literatur schließt das Landgericht Halle daraus, dass das in der BGB-InfoV enthaltene Muster der Widerrufs­belehrung nichtig sei und ein Verbraucher mit diesem nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Rechtsfolge sei, dass das Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB nicht erloschen sei.

Auch wenn abzuwarten sein wird, ob der Bundesgerichtshof die Auffassung des Landge­richts Halle teilen wird, führt diese Auffassung des Landgerichts Halle zumindest aus Sicht der Franchisegeber zu erheblicher Rechtsunsicherheit, da angesichts der kompliziert zu berechnenden Widerrufsfrist nahezu sämtliche Franchisegeber in ihren Ver­trägen das Muster der Widerrufsbelehrung der BGB-Informationspflichten-Verordnung nutzen. Es ist damit gegenwärtig völlig offen, ob die Franchisenehmer dieser Systeme mangels ordnungsgemäßer Belehrung ihren Franchisevertrag widerrufen können.

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