BGH, Urteil vom 03.10.1984 – VIII ZR 118/83 („McDonald’s“)

Leitsatz:

Zur Einschränkung des Rechtes zur außerordentlichen Kündigung eines Franchisevertrages durch den Franchisegeber wegen des Nichteinhaltens von Richtlinien (Mc Donald’s)

Sachverhalt:

Am 06.08.1977 schlossen die Kl. und die Bekl. einen „Franchisevertrag“. Darin gewährte die Kl. (Franchisegeber) dem Franchisenehmer das Recht, nach Maßgabe der im einzelnen getroffenen Absprachen ein Restaurant nach dem McDonald’s System zu errichten und zu führen. Nach den formularmäßig gestalteten Vertragsbedingungen der Kl. hat sich die Bekl. „streng an die von den Franchisegeber aufgestellten Vorschriften für Speisen und Getränke sowie an die von dem Franchisegeber vorgeschriebenen Qualitätsnormen und -richtlinien für die Bedienung und Sauberkeit in dem Restaurantbereich des Franchisenehmers zu halten“ (§ 1 IV Buchst. a und b). Zu dem „unabdingbaren“ McDonald’s System gehört u. a. das vom Franchisegeber festgelegte Verfahren bei der Zubereitung von Speisen (§  4 II Franchisevertrag). Der Franchisegeber stellt dem Franchisenehmer Betriebshandbücher zur Verfügung, die „ausführliche Angaben über den Betrieb von Restaurants nach dem McDonald’s System, insbesondere über die Rezepte der Speisen“ enthalten (§ 3 I V a Franchisevertrag). Die Kl. verlangt darin u. a., dass die Grilltemperatur eines mit Gas geheizten Grillgerätes bei der Zubereitung von „Hamburgern “ 177 ° C und bei der Zubereitung von „Viertelpfündern“ 191 ° C beträgt. Nach § 14 III kann der Franchisegeber unbeschadet des Bestehens weiterer Gründe außerordentlich kündigen, wenn und soweit „a) der Franchisenehmer es unterlässt, das von ihm betriebene Restaurant in guter, sauberer und zweckdienlicher Weise und in Übereinstimmung mit den auf Grund des McDonald’s-Systems vorgeschriebenen Grundsätzen und Richtlinien zu führen“. Außerdem bestimmt § 14 III: „Bevor der Franchisegeber wegen Verstößen gem. a,… die außerordentliche Kündigung erklären darf, hat er den Franchisenehmer zweimal abzumahnen, wobei sowohl zwischen beiden Abmahnungen sowie zwischen zweiter Abmahnung und Kündigung jeweils ein Zeitraum von 30 Tagen fruchtlos verstrichen sein muss. Das gilt auch dann, wenn der Franchisegeber auf andere als die vorgenannten Gründe eine außerordentliche Kündigung stützt“. Die Kl. ließ den Betrieb der Bekl. im Jahre 1978 und 1979 wiederholt überprüfen. Eine „förmliche Abmahnung gem. § 14 III Franchisevertrag“ geschah durch Anwaltsschreiben vom 07.04.1978. Eine weitere „Abmahnung“ unter Hinweis auf § 14 III a und k Franchisevertrag veranlasste  die Kl. durch Anwaltsschreiben vom 21.07.1978. Nach diesem Zeitpunkt fanden Betriebsüberprüfungen am 05.10.1978,  28.11.1978, 10.12.1978,  13./14.02., 14.03. und am 01.05.1979 statt. Die Kl. hat behauptet, bei den Überprüfungen seien zahlreiche Mängel in bezug auf Speisen, Bedienung und Sauberkeit sowie falsche Grilltemperaturen festgestellt worden. Sie begehrt die Feststellung, dass durch die von ihr ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 20.05.1979 der Franchisevertrag beendet worden ist. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass am 02.03., am 26./27. sowie am 05.10.1978 die für „Hamburger“ und „Viertelpfünder“ vorgeschriebenen Grilltemperaturen nicht eingehalten worden seien. Da „Hamburger“ und „Viertelpfünder“ zu den wichtigsten McDonald’s-Angeboten gehörten, rechtfertigte, bereits dieser Verstoß die außerordentliche Kündigung vom 30.05.1979. Die Revision der Bekl. führte zur Aufhebung und Zurückweisung.

Aus den Gründen:

…II…

1. Die rechtsgeschäftlichen Beziehungen der Kl  und der Bekl. sind von den Franchisegeberin in dem am 06.08.1977 abgeschlossenen Franchisevertrag formularmäßig gestaltet worden. Die Vereinbarung des außerordentlichen Kündigungsrechts gem. § 14 III a Franchisevertrag  unterliegt der Inhaltskontrolle gem. §§ 24 S. 2,9 AGB-Gesetz. In der Überprüfung der von der Vorinstanz vorgenommenen Auslegung und Wertung dieser in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Klausel ist das Rev.Ger. frei. Dem OLG ist im Ergebnis darin zuzustimmen, daß das der Kl. formularmäßig eingeräumt außerordentliche Kündigungsrecht wirksamer Bestandteil des Franchisevertrages geworden ist

a) Die Kl. zu 1 verfolgt das Ziel, weltweit bestimmte Speisen von stets gleichbleibender Qualität in Restaurants eines spezifischen Zuschnitts für den Massenkonsum preisgünstig anzubieten. Die Verwirklichung dieses unternehmerischen Konzepts verlangt die Standardisierung der Zusammensetzung und Zubereitung der Speisen ebenso wie die Typisierung der gastronomischen Betriebe und ihres Service. Ein umfassendes System von Richtlinien ist das von der Kl. angewandte geeignete Mittel zu seiner Durchsetzung. Das zieht die Revision auch nicht in Zweifel. Zweifelhaft kann auch nicht sein, daß das System von Richtlinien nicht anders als durch Bezugnahme auf die Betriebshandbücher (Operationshandbücher) und Management-Programme in den Franchisevertrag einbezogen werden kann.

§ 1 IV Buchst. b cc des Franchisevertrages bestimmt demgemäss, dass die Franchisenehmer sich streng an die von dem Franchisegeber aufgestellten Vorschriften für Speisen und Getränke sowie an die vom Franchisegeber vorgeschriebenen Qualitätsnormen und -richtlinien für die Bedienung und Sauberkeit halten müssen. Die Betriebshandbücher, die diese Anforderungen konkretisieren, sind der Bekl. übergeben worden. In § 4 II Franchisevertrag erkennt der Franchisenehmer sie voll inhaltlich als für seinen Betrieb verbindlich an. Dass die Bekl. als Vollkaufmann sich auf diese Weise wirksam verpflichtet hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

b) Bei der Regelung des außerordentlichen Kündigungsrechts in § 14 III Buchst. a Franchisevertrag handelt es sich, wie die Revision zutreffend hervorhebt, um eine Generalklausel. Was das Unterlassen einer Betriebsführung in „guter, sauberer, und zweckdienlicher Weise“ angeht, versteht sich von selbst, dass nur eine nachhaltige, die gedeihliche Zusammenarbeit infrage stellende Pflichtverletzung zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Dasselbe gilt von einer Betriebsführung, die die „Übereinstimmung mit den auf Grund des McDonald’s-Systems  vorgeschriebenen Grundsätzen und Richtlinien“ vermissen lässt. Bei interessensgerechter Auslegung der Klausel, die der erkennende Senat selbst vornehmen kann, kann nicht jeder einzelnen der von der Kl  zu 1 aufgestellten Richtlinien für sich betrachtet solches Gewicht beigemessen werden, dass ihre Verletzung ohne weiteres zur fristlosen Kündigung berechtigt. Der Regelungsgehalt des § 14 III Buchst. a schließt vielmehr ein, daß die Nichtbeachtung vertraglich festgelegter Grundsätze und Richtlinien den Vertragszweck, d. h. die Verwirklichung des eingangs beschriebenen unternehmerischen Ziels der Kl., zu gefährden geeignet sein muss. Zu diesem Verständnis der Klausel ist auch das LG gelangt. Es hat angeführt, § 14 III Buchst. a Franchisevertrag bringe zum Ausdruck, dass es der Kl . zu 1 auf die Beachtung der Grundsätze und Richtlinien besonders ankomme und daß derartige Verstöße wichtige Gründe seien sollen. Dies sei nicht zu beanstande, soweit die Triftigkeit dieser Gründe einer Prüfung nach objektiven Maßstäben standhalte. Auch die Kl. zu selbst ist davon ausgegangen, dass nur ein nachhaltiger Verstoß gegen die Grundsätze und Richtlinien des McDonald’s-Systems sie zur fristlosen Kündigung berechtigen solle. Das folgt daraus, dass sie sich in der Kündigungsklausel auferlegt hat, den Franchisenehmer bei einem Verstoß gegen die Grundsätze und Richtlinien nach Maßgabe des § 14 III Franchisevertrag zunächst zweimal abzumahnen und vor der zweiten Abmahnung und der Kündigung 30 Tage verstreichen zu lassen, ersichtlich zu dem Zwecke, dem Vertragspartner ausreichend zeit zur Herstellung vertragsgemäßer Zustände zu geben. Die Abmahnung dient einerseits der ausfüllenden Konkretisierung der Generalklausel für den Einzelfall und hat zugleich Warnfunktion gegenüber dem Franchisenehmer.

2.Da das Ber.Ger. im Gegensatz zum LG, Feststellungen über weitere Pflichtverletzungen der Bekl. nicht getroffen hat, kommt in der Revisionsinstanz als Verstoß gegen die Richtlinien der Kl. zu 1 nur die Nichteinhaltung der Grilltemperaturen im Betrieb der Bekl. in Betracht.

…b) Selbst wenn zutrifft, dass im Restaurant der Bekl. am 02.03.,26.06., 27.06. und am 05.10.1978 nicht bei den Richtlinien der Kl. entsprechenden Temperaturen gegrillt worden ist und die Kl. die Bekl. unter konkretem Hinweis darauf abgemahnt haben sollte, war es ihr am 30.05.1979 verwehrt, sich mehr als zehn Monate nach er zweiten Abmahnung auf den darin geltend gemachten Kündigungsgrund zu berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, insbesondere auch des erkennenden Senats, kann das Recht zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund nur innerhalb angemessener Zeit ausgeübt werden, nachdem der Berechtigte von dem Kündigungstatbestand Kenntnis erlangt hat (vgl. Senat, NJW 1982, 2432 = WM 1s982, 429 (431)). Die Kl. hätte sich im Anschluss an einem fruchtlosen Ablauf der 30-Tage-Frist nach der zweiten Abmahnung alsbald schlüssig werden müssen, ob sie  die Nichteinhaltung der Grilltemperaturen zum Anlass nehmen wollte, den Franchisevertrag fristlos zu kündigen. Ein Grund, der das Zuwarten bis zum 30.05.1979 rechtfertigen könnte, ergibt sich aus den angefochtenen Urteil nicht. Insbesondre hat das BerGer. nicht festgestellt, dass bei den Betriebsprüfungen am 28.11. und 16.12.1978, sowie am 13.02., 14.02., 14.03. und 01.05.1979 Grilltemperaturen zu beanstanden gewesen wären … Lag danach der letzte festgestellte Vertragsverstoß der Bekl. am 05.10.19l78 vor, so kann die erst acht Monate später – und zehn Monate nach der zweiten Abmahnung  – ausgesprochene fristlose Kündigung nicht mehr als in angemessener Zeit erfolgt angesehen werden (§ 242 BGB). Danach kommt es nicht mehr darauf an, daß nach dem zuvor Ausgeführten auch nicht als festgestellt angesehen werden kann, daß der Kündigungsgrund im Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung noch vorlag.

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